Journalismus in 40 Jahren
Kai Gohlke, Chefredakteur von Oberpfalz Medien und Mitglied eines BDZV-Gremiums, das sich um KI-Kennzeichnung im Journalismus kümmert, über Journalismus in 40 Jahren, Metaverse, Medienkompetenz und vieles mehr
Herr Gohlke, wenn wir die nächsten 40 Jahre betrachten, wie wird sich der Journalismus Ihrer Meinung nach entwickeln?
Ich hoffe sehr, dass das Bollwerk des unabhängigen Journalismus bestehen bleibt. Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, dass die Menschen das Interesse an qualitativem Journalismus verlieren könnten – das war schon beim Aufkommen des Onlinejournalismus und den sozialen Medien so. Doch die Erfahrung zeigt, dass Menschen nach wie vor Wert auf fundierte, recherchierte Inhalte legen, die von Journalisten erstellt werden, die mit ihrem Namen für die Richtigkeit der Informationen stehen. Dieser persönliche Bezug, dass ein Mensch hinter der Recherche steckt, wird immer wichtiger werden.
Es gibt jedoch die zunehmende Tendenz, dass Leser und User Nachrichten konsumieren, ohne sich Gedanken darüber zu machen, woher die Information stammt – und sich auch nicht für die Quelle interessieren.
Das ist ein Problem, das wir im Journalismus angehen müssen. Wenn die Leute eine Nachricht lesen, wissen sie oft nicht, von welchem Medium sie stammt. In Zukunft wird es noch wichtiger sein, klar zu kennzeichnen, woher die Informationen kommen und wer sie recherchiert hat. Wir denken sogar darüber nach, jedem Online-Artikel einen kurzen Nachsatz hinzuzufügen, in dem erklärt wird, wer die Quelle ist und mit wem gesprochen wurde. Damit wollen wir mehr Transparenz schaffen und das Vertrauen in den Journalismus stärken.
Wie sehen Sie Stand heute den Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf den Journalismus der Zukunft?
KI ist definitiv kein Hype, sondern ein Game-Changer. Sie verändert bereits jetzt schon den Journalismus – meiner Meinung nach auch in Zukunft zum Positiven. Unser Ziel muss es sein, dass Journalisten sich stärker auf die journalistischen Inhalte konzentrieren und weniger auf das reine Sammeln von Informationen. KI kann uns helfen, schneller und effizienter zu arbeiten, aber das Aufbereiten und Einordnen der Informationen bleibt eine menschliche Aufgabe. Leser wollen nicht einfach nur eine Zusammenfassung von Informationen, die sie selbst recherchieren könnten. Sie wollen, dass wir ihnen erklären, was diese Informationen bedeuten und wie sie einzuordnen sind.
Glauben Sie, dass der Journalismus sich auch in virtuellen Welten wie dem Metaverse wiederfinden wird?
Ja, das halte ich für durchaus realistisch. Das Metaverse oder vergleichbare Plattformen werden eine wichtige Rolle spielen, besonders im Bereich des Lernens und der Interaktion mit Nachrichten. Der Einsatz von KI wird in diesen Bereichen unerlässlich sein. Allerdings wird es noch wichtiger werden, Nachrichten zu kennzeichnen und ihre Herkunft klarzumachen. Es wird eine riesige Herausforderung, aber auch eine Chance für den Journalismus, in diesen Welten glaubwürdige und verlässliche Informationen zu liefern.
Welche Rolle wird Medienkompetenz in dieser Zukunft spielen?
Medienkompetenz wird immer wichtiger, aber ich habe wenig Hoffnung, dass wir uns dabei ausschließlich auf die Schulen verlassen können. Viele Defizite in der Medienkompetenz sehen wir heute eher bei älteren Menschen als bei Schülern. Deshalb liegt es auch an uns Journalisten, transparent zu erklären, was wir tun, woher unsere Informationen kommen und warum sie vertrauenswürdig sind. Das müssen wir bei jedem einzelnen Artikel umsetzen. Es reicht nicht mehr zu sagen: „Wir sind eine etablierte Marke.“ Die Marke wird zwar immer noch eine Rolle spielen, aber Transparenz und Erklärung sind entscheidend.
Marke oder Service – was spielt in Zukunft eine größere Rolle?
Die Marke wird weiterhin eine Rolle spielen, aber der beste Service wird entscheidend sein. Das gilt für jede Branche, auch für den Journalismus. Am Ende wollen die Menschen Inhalte, denen sie vertrauen können und die ihnen Mehrwert bieten.